
Ein praxisorientierter Blick auf io_uring – warum es klassische I/O-Modelle herausfordert, wie es funktioniert und wann sich der Einsatz wirklich lohnt.
Dennis Agostinho da Silva
Linux I/O entwickelt sich rasant – und seit Kernel 5.1 gibt es eine API, die diese Entwicklung maßgeblich verändert: io_uring.
Was als „besseres AIO“ startete, ist heute ein leistungsfähiges Fundament für moderne, hochskalierende Netzwerk- und Storage-Anwendungen.
In meiner Arbeit im industriellen Umfeld sowie in einer umfangreichen Abschlussarbeit konnte ich io_uring in realistischen Netzwerk-Szenarien testen. Dieser Artikel fasst zusammen, was io_uring besonders macht – und wann sich der Einsatz lohnt.
Traditionelle Linux-I/O-Modelle wie read(), write(), select(), poll() oder epoll() stoßen in modernen Systemen zunehmend an Grenzen:
Kurz gesagt:
Je mehr Daten oder Verbindungen ein Prozess handhabt, desto stärker wird er durch die Kosten des I/O-Modells limitiert.
io_uring ist eine moderne Linux-API für asynchrone I/O-Operationen.
Sie basiert auf zwei gemeinsam genutzten Ringpuffern (Memory-Bereichen), über die User- und Kernelspace miteinander kommunizieren:
Der Clou:
👉 Die Interaktion funktioniert ohne wiederholte Systemaufrufe und ohne Datenkopien.
Damit eignet sich io_uring exakt für Systeme, die…
epoll an Grenzen stoßen.Statt einen Systemaufruf pro Operation durchzuführen, macht die Anwendung Folgendes:
io_uring_enter() aufDadurch reduziert sich die Syscall-Anzahl drastisch.
In meiner Abschlussarbeit habe ich io_uring in einem realistischen Netzwerk-Setup getestet.
Der Router leitete über ein TUN-Interface NAT-Traffic zwischen Client und Server.
Verglichen wurden:
| Queue Depth | Durchsatz (pkt/s) |
|---|---|
| epoll | ~93k |
| io_uring QD1 | ~93k |
| io_uring QD64 | ~210k+ |
| io_uring QD1024 | ~265k |
👉 Bis zu 3× mehr Durchsatz bei hoher Last.
Der Vorteil bleibt bestehen:
io_uring lieferte bis zu 2.8× höheren Durchsatz im Vergleich zum klassischen Modell.
Bei einer Queue Depth von 1024 konnte io_uring die Anzahl der Systemaufrufe pro Testlauf nahezu eliminieren – im Gegensatz zu epoll, das pro Paket zwei Syscalls benötigt (read + write).
Das bedeutet:
Webserver, Reverse-Proxies, VPNs
IoT-Gateways, industrielle Fernwartung, Proxies mit persistenten Sessions
Datenbanken, Fileserver, Object Stores
Hypervisor I/O, Overlay-Netzwerke, TUN/TAP-Traffic
Gerade in Proxies oder Aggregationsservices (z. B. IP-Multiplexer) kann io_uring CPU-Engpässe signifikant entschärfen.
Trotz aller Vorteile gibt es Gründe, nicht sofort alles auf io_uring umzubauen.
Die API ist mächtiger, aber auch anspruchsvoller als klassische I/O-Modelle.
Asynchronität + shared memory + batching = mehr Raum für subtile Fehler.
Bei kleinen Workloads oder wenig I/O wird der Vorteil nicht spürbar.
Nicht alle syscalls sind als native io_uring-Operation verfügbar.
Kurze Antwort:
👉 Wenn du Performance brauchst: Ja.
Lange Antwort:
io_uring ist gereift, stabil, in allen relevanten Linux-Distributionen verfügbar und erlaubt Performance-Optimierungen, die mit klassischen Modellen unmöglich sind.
Besonders spannend:
io_uring ist kein Experiment mehr – es ist ein neues Fundament.
io_uring hebt Linux-I/O auf ein neues Level.
Die Kombination aus:
macht es zu einem der spannendsten Features des modernen Kernels.
Für Anwendungen, die hohe Last, viele Verbindungen oder große Datenmengen handhaben müssen, ist io_uring ein echter Game-Changer.
Ich persönlich setze es bereits in Prototypen, Netzwerkkomponenten und Industrie-PoCs ein – und sehe in vielen Projekten enormes Potenzial.
Wenn du Fragen zu io_uring hast oder Interesse an einer praxisnahen Implementierung – melde dich gerne!